„Die Heiland“ Folge 2: Tödliche Tropfen

Medikamente, feuchte Hände und viel Orientierungslosigkeit. Die zweite Folge von „die Heiland“ hat einige starke Momente, tröpfelt aber auch ganz schön zähflüssig dahin. Hier wie immer direkt anschauen und Totos Kurzkritik lesen.

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Das wird verhandelt

Ein alter Mann fällt ins Koma. Angeklagt wird seine polnische Pflegerin. Sie soll ihm eine Überdosis Medikamente verabreicht haben – Versehen oder Mordversuch?

Das lernen wir über Blinde

Wie wichtig Hände für Blinde sind. Die Hände der Anderen meine ich. Die Hand ist nach der Stimme oft der erste direkte Eindruck, den wir von einer Person bekommen. Gepflegte Fingernägel lassen Romy auf ein gepflegtes Äußeres schließen, ein feuchter Händedruck auf Unsicherheit.

Ansonsten herzlich wenig. Über den aus Folge 1 bekannten Penfriend erfahren wir noch, an was Romys Vater dessen Form erinnert … ich weiß schon warum ich mir noch keinen gekauft habe.

Typisch Sehende!

Ada meint es gut und räumt Romys Schreibtisch auf. Ergebnis: Die blinde Anwältin bekommt erstmal einen gepflegten Wutanfall, weil sie nichts mehr findet. Jeder Blinde der mal eine Haushaltshilfe hatte kennt das Problem. Gegenstände werden beim saubermachen ganz ohne böse Absicht verräumt. Ein paar Zentimeter reichen schon, damit man anschließend ins Leere greift und erstmal ratlos ist.

Das kam mir bekannt vor

Die allererste Frage der neuen Mandantin an Romy: „Wodurch sind Sie blind geworden?“ Auch bei mir interessiert viele Sehende zu allererst brennend, durch was und wie lange ich blind bin bzw. ob das schon immer so war. Erst wenn das eingetütet ist kommt in den Blick, wie ich heute lebe und was ich mache. Für mich kein Problem und eine total berechtigte Frage. Habe nur nie verstanden, warum die Ursache und Dauer meiner Blindheit so bedeutsam ist. Ein Bißchen als ob man erstmal kurz den Zollstock dranhalten muss um die genauen Maße zu sehen.

Stärkste Szene

Der Sohn des Opfers taucht vor Romys Wohnung auf und beschimpft und bedroht sie durch die geschlossene Tür. Sehr beklemmend; unheimlich realistische Akkustik: Das hämmern an der Tür, die hallende alkoholisierte Stimme im Treppenhaus, auf der anderen Seite Romy allein in der Wohnung. Auch sehr gelungen die Auflösung: Hilfe kommt ausgerechnet von Romys Exfreund Ben. Romy im emotionalen Zwiespalt zwischen Dankbarkeit und – mal wieder – Abhängigkeit.

Das ist mir aufgestoßen

Apropos abhängig: Auf der Vernissage von besagtem Exfreund muss Romy mal ein paar Minuten ohne Ada auskommen. Viel Trubel, laute Musik, ein Tablett fällt runter – alles nicht angenehm. Aber dass Romy deshalb gleich den ganzen Laden panisch nach „Frau Holländer, Frau Holländer“ zusammenschreit ist schon mehr als übertrieben.

Okay, Romys Angespanntheit kann man auch mit ihrem Ex in Verbindung bringen – war denke ich wohl auch so gemeint. Aber erstmal sieht man hier nur eine planlos rumeiernde Blinde die auf einer harmlosen Stehparty völlig hilflos ist und dann ihre Assistentin auch noch übel anscheißt. Welche Botschaft bleibt hier wohl hängen?

Ach und dass Romy später einem Tatverdächtigen einfach mal so ihren Langstock zum halten in die Hand drückt, darüber will ich gar nicht erst reden.

Gedanken nach dem Abspann

Die Folge hat ihre Momente, diesmal eher nachdenklich als lustig. Insgesamt tröpfelt sie aber recht zähflüssig vor sich hin, vor allem die Krimihandlung. Zum Opfer und seiner Familie entsteht keine Nähe, sie waren mir bis zum Ende ehrlich gesagt egal.

Wenigstens Ada bekommt langsam schärfere Konturen, während Romy immer noch viel zu blass bleibt. Noch schlimmer: Manches macht mir Romy als Figur eher unsympathisch. Die Serie müsste so langsam mal Fahrt aufnehmen und ihre Charaktere klarer zeichnen. Vor allem das Verhältnis zwischen Romy und Ben.

3 Gedanken zu „„Die Heiland“ Folge 2: Tödliche Tropfen“

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  2. Hi Sandra und vielen Dank für deine Meinung. Oh ich würde sagen, in 45 Minuten wäre auf alle Fälle Platz für beides: Spannende Krimihandlung und Einblicke in den Alltag einer Blinden. Wenn man beides stark erzählt und auch sinnvoll aufeinander bezieht. LG Toto

  3. Im Großen und Ganzen stimme ich Deiner Einschätzung zu. Bei der Szene mit der Assistentin auf der Party denke ich aber, dass der Ärger gerechtfertigt ist, schließlich ist die Assistentin ja nicht zu ihrem Privatvergnügen da. Den Ausraster von Romy fand ich dann aber trotzdem ziemlich heftig. Die Krimihandlung fand ich in beiden Folgen ziemlich langweilig weil einfach und überhaupt nicht komplex. Hätte die Serie nicht die blinde Hauptfigur, würde ich sie keinesfalls gucken. Ob es wohl möglich ist, eine spannende Handlung mit einer blinden Anwältin zu vereinbaren? Vielleicht blibe dann weniger Zeit für den ganzen Blindenkram, also um den den sehenden Zuschauern begreiflich zu machen, und die würden manches dann für unrealistisch halten… Danke für Deine Kritiken.

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