Ist Satire der neue Journalismus? Diese Frage stellt an diesem Sonntag ab 20:05 Uhr ein neues Feature im Deutschlandfunk hier live hören. Mein persönliches Radio-HörLight schon deshalb, weil mich diese Frage gerade selbst sehr beschäftigt – aus aktuellem Anlass.
Comedy, Kabarett … wo ist da gleich nochmal der Unterschied? Bevor ich mich mit einer eigenen Definition abmühe, google ich doch lieber. Da findet man doch alles.
Und tatsächlich, gleich der erste Treffer ist eine Forendiskussion zu genau dem Thema. Und gleich der erste Eintrag bringt es auf den Punkt: „Der Comedian macht es wegen dem Geld, der Kabarettist macht es wegen des Geldes.“
Ist natürlich Quatsch. Comedy zielt auf den schnellen Lacher mit viel Breitenwirkung ab. Eben Schenkelklopfer, bei denen man nicht viel nachdenken muss. Während einem bei gutem Kabarett das Lachen eher im Halse stecken bleibt.
Comedy – ein Ersatz für Nachrichten?
Wie auch immer, ich mag beides. Höre mal Comedy, mal Kabarett, je nach Laune. Aber etwas ist mir dabei aufgefallen: Beides höre ich nicht mehr nur, um mich zu unterhalten, sondern auch um mich zu informieren.
Was ist heute wichtig? Das Thema des Tages erreicht mich oft nicht durch die Radionachrichten, sondern schon früher durch die neue Comedyfolge in der Morningshow. Bei mir entsteht der Eindruck, dass gewisse Comedians oft schneller arbeiten als die Nachrichten. Und in der kurzen knackigen Comedy wird die Neuigkeit dann auch gleich lustig verpackt und eingeordnet. Worüber man lacht bleibt eben hängen.
Comedy als neue Info-Form – mit diesem Trend befasst sich am Sonntag ab 20:05 Uhr auf Deutschlandfunk
das Feature „Politi – hihi – k“ von Mike Herbstreuth. Die Sendung stellt fest: Für immer mehr Jugendliche sind Satireformate die Nachrichtenquelle nummer eins.
Auch ich bin Comedian – einmal im Jahr
Führt das zu mehr politischem Interesse? Oder verstärken sie mit dem draufhauen auf „die da oben“ im Gegenteil nur die Politikverdrossenheit? Diesen Fragen geht das Feature nach. Fragen, die ich mir auch ganz persönlich stellen muss. Denn auch ich bin einmal im Jahr sowas wie ein Comedian … oder Kabarettist?
Seit über 20 Jahren bin ich im hessischen Karneval aktiv. Als Büttenredner trete ich mit einem satirischen Jahresrückblick auf. Alkohol und Schunkelmusik – eigentlich das ideale Ambiente für bloße Comedy. Trotzdem ist mein Anspruch immer, auch mit Zwischentönen zu arbeiten und leise Akzente zu setzen. Karneval hat ein unverdient falsches Image – ich erlebe ihn oft genug als eine hochspannende Form im Zwischenbereich von Kabarett und Comedy.
Politisch gebildet durch Kabarett?
Deshalb schöpfe ich für meinen Jahresrückblick auch aus beiden Quellen. Die tagesaktuelle Comedy einiger Radiosender ist eine prallgefüllte Satirechronik aus dem letzten Jahr. Und Kabarettisten wie Dieter Nuhr, Urban Priol und Georg Schramm beleuchten das alles hintergründig und mit viel Schärfe. Gerade bei Programmen von Schramm (leider nicht mehr aktiv) und Priol habe ich manchmal das Gefühl, hinterher mehr über Politik und unsere Gesellschaft gelernt zu haben als durch jede Informationssendung.
Wie ist das für die Satiriker selbst? Wollen sie das überhaupt, für die politische Bildung von immer mehr Menschen verantwortlich sein? Auch eine Frage, auf deren Beantwortung im Feature ich sehr gespannt bin.
Übrigens, um nochmal auf das eingangs erwähnte Diskussionsforum zurückzukommen: Schaut euch doch mal an, wie hier selbst dieses harmlose Thema von Trollen gekapert wird. Das, liebe Leser, ist Kabarett!