„Die Heiland“ Folge 1: In dubio pro reo

Kaum ist Romy Heiland über ihre neue Assistentin Ada Holländer gestolpert, da hat die blinde Strafverteidigerin schon ihren ersten Fall. Professor Wolf soll eine Studentin vergewaltigt haben. Für Romy wird die Sache persönlich, denn sie kennt Wolf von früher. Folge 1 der neuen Serie zeigt viel potential, glänzt mit Humor und Leichtigkeit und hat nur wenige Schwächen.

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Das wird verhandelt

Professor Konrad Wolf soll eine Studentin vergewaltigt haben. Ihr erster Fall wird für Romy gleich persönlich, denn früher hat sie selbst bei Wolf studiert. Jetzt will die frischgebackene Anwältin ihren Mentor unbedingt raushauen. Doch ganz so eindeutig liegen die Dinge dann doch nicht …

Das lernen wir über Blinde

Eine ganze Menge. Die Last der ersten Folge. Wir lernen wie Blinde die Farben ihrer Kleidung erkennen und Akten beschriften können; wir erfahren wofür der weiße Stock gedacht ist (zumindest in der Theorie) und dass nicht alle Blinde gar nichts sehen. Außerdem wissen wir jetzt, dass auch Blinde morgens zuerst zu ihrem Smartphone greifen. Ach ja, und manche Blinde haben keinen Hund, sondern … na seht selbst!

Typisch Sehende!

Ada zu Romy: Sie haben da Wimperntusche auf der Nase.
Romy: Das ist gut, wenn Sie mir sowas sagen. Wo?
Ada (deutet in Richtung von Romys Nase): „Da!“
Kommt häufiger vor als man denkt. Sehende wollen uns z.B. die richtige Richtung zeigen, deuten aber nur mit dem Finger oder sagen vielleicht noch „da lang!“ Für uns natürlich nicht sehr aussagekräftig.

Das kam mir bekannt vor

Romys Verhältnis zu ihrem ehemaligen Juraprofessor. Romy hat Wolf nicht nur für sein Wissen bewundert. Er war auch derjenige, der ihr immer Mut gemacht hat, ihr Ding durchzuziehen. Wird nur leise angedeutet, aber ich kenne das aus meiner Studienzeit, meinen Praktika ETc.. Man kann noch so tolle Hilfsmittel mitbringen und die Umgebung kann noch so offen und tolerant sein. Irgendwann braucht auch der selbstsicherste Blinde unter lauter Sehenden einen Menschen der an ihn glaubt und ihm das auch zeigt.

Stärkste Szene

Als Romy und Ada das erste mal gemeinsam unterwegs sind, fährt ihnen prompt der Bus vor der Nase weg. Ada lässt Romy stehen, rennt zur Fahrertür und brüllt: „Hey, aufmachen, wir sind behindert!“ Dazu Romy: „Behindertsein kann ich alleine. Aber rennen nicht.“

Das ist mir aufgestoßen

Warum lässt sich Romy das Fleisch kleinschneiden? Über diese Szene bin ich gestolpert. Kann sie es nicht oder will sie bei Professors zu Hause kein Risiko eingehen, sich vielleicht doch zu bekleckern? Romy wirkt auf mich nicht, als würde sie sich z.B. im Restaurant in der Regel das Fleisch mundgerecht servieren lassen. Außerdem: Die letzte Einstellung im Treppenhaus war mir etwas zu verzuckert. Für mich fehlte da nur noch die Bachkantate im Hintergrund.

Gedanken nach dem Abspann

Blindheit zum runterkommen. Nicht aufdringlich, nicht zu seicht. Kein Betroffenheitskino, aber auch kein Superhelden-Comic. Die sehende Hauptfigur ist Assistentin und Sidekick, ohne zum Beiwerk zu verblassen. Die Handlung gewürzt mit sehr angenehmem Humor. Sogar ein Bißchen Slapstick ohne falsche Scham. Vor allem eingängig. Das funktioniert, davon könnte was im Kopf bleiben. Die gar nicht unerträgliche Leichtigkeit des Blindseins – na bitte, es geht doch.

3 Gedanken zu „„Die Heiland“ Folge 1: In dubio pro reo“

  1. Man sieht es nur, beschrieben wird es nicht. Das sie die Finger im Essen hat auch nicht. Sie fixiert auch Dinge auf dem Bildschirm, dass kann ich jetz aber nicht sagen, mit welchem Sehrest mann das tut oder nicht. Lieber Gruß

  2. Hey, ich sehe das eigentlich so wie du. Ich werde die Serie auch weiter anschauen. Finde es gut, dass keine übertriebenen negativen Sachen und aber auch keine übertriebene Heldin drin vorkommen. Am Anfang am Computer arbeitete sie mit einer Maus, ist aber nur ein Detail, dass nur uns auffällt, sicher, vielleicht kann sie das ja auch, mit nur einem Prozent Sehrest. Ich fand es auch krass, dass sie fragt, ob man ihr das Fleisch schneidet. Dachte dann, vielleicht machen manche Blinde das ja wirklich, nur kenne ich keinen. Oder dachte auch, vielleicht will sie vor den Leuten als Anwältin nicht so unbeholfen auf dem Teller rumschneiden. Sie benutzt aber nur die gabel zum essen und die Finger, dass passt dann gar nicht dazu

    1. Hi Melanie, danke für deine Zeilen. Mir ist gar nicht aufgefallen dass Romy am Anfang eine Maus benutzt. Sieht man das nur? In der Filmbeschreibung wurde es glaub ich nicht erwähnt – oder ich habs überhört. Das wäre aber schon ein grober Schnitzer. Kommt natürlich immer drauf an, wie der Sehrest sich auswirkt, aber ich würde jetzt mal schätzen dass ein Prozent zum rumklicken eher nicht genügen. Freut mich wenn du dranbleibst. LG Toto

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